01/19/2024
Interview: Dr. Stephanie Nau zu unseren Stipendien
von Dr. Stephanie Nau
Einblick in Salems Stipendienprogramm: Kriterien, Angebote und das besondere Engagement unserer Stipendiaten.

Was muss ich als Stipendiatin oder Stipendiat mitbringen, an wen richtet sich das Angebot?

Die Idee der Gründerväter Salems sah neben einer internationalen Durchmischung der Schülerschaft auch eine soziale Mischung vor. Kinder aus einkommensschwachen Familien sollten genauso Zugang zum Schulbesuch in Salem erhalten. Bis heute hat sich das Stipendienprogramm Salems zum größten in ganz Deutschland entwickelt. Dabei muss man zwischen zwei verschiedenen Stipendienarten unterscheiden:

Völlig unabhängig vom Einkommen der Eltern kann man sich auf ein Basisstipendium bewerben, das in der Regel eine Auszeichnung für besondere akademische Leistungen oder persönliches Engagement darstellen soll. Hierbei handelt es sich also um ein klassisches Leistungsstipendium im weiteren Sinne (es kann sich zum Beispiel auch um eine besondere Leistung in Sport, Musik, Theater oder anderen Künsten handeln, neben der akademischen Leistung). Das Basisstipendium bedeutet eine Reduktion der regulären Schul- und Internatsgebühren von 500 € im Monat. Wir suchen damit also helle Köpfe und ausgezeichnete Talente für unsere Schulgemeinschaft.

Teilstipendien gehen über dieses Basisstipendium hinaus. Sie sollen Kindern den Schul- und Internatsbesuch in Salem ermöglichen, deren Eltern dies nicht vollständig selbst finanzieren können. Teilstipendien sind deshalb einkommensabhängig. Jede Familie muss einen monatlichen Eigenbeitrag bezahlen, und auch die anfallenden Nebenkosten. Wir gehen dabei von einem Prozent des monatlichen Brutto-Familieneinkommens aus, was diesen Monatsbeitrag ausmacht. Relativ betrachtet werden somit alle begünstigten Familien gleichermaßen belastet.

Da wir eine sehr hohe Nachfrage nach Teilstipendien haben, ist der Wettbewerb entsprechend hart, und so sind auch unsere Auswahlkriterien. Für ein Teilstipendium muss im Prinzip „alles stimmen“: Die akademische Leistung einerseits, aber nicht nur. Fast wichtiger ist der Aspekt des persönlichen Engagements für Andere. Salem sucht junge Menschen, die sich einbringen möchten, aktive Bürgerinnen und Bürger, die gesellschaftliche Themen und somit unsere Zukunft im Blick haben. Und schließlich muss jemand auch die Interessen und Talente mitbringen, die zu unseren Aktivitäten passen.

Wir werden immer wieder nach Vollstipendien gefragt. Diese sind nicht Teil unseres Stipendienprogramms, das heißt, man kann sich nicht auf ein Vollstipendium in Salem bewerben. In unserer Schulgemeinschaft gibt es dennoch eine sehr geringe Anzahl an Vollstipendiaten, das sind zum Beispiel Waisenkinder, die über das Jugendamt zu uns gefunden haben, aber auch Kinder, die vor Kriegen zu uns geflohen sind. Dies entscheidet die Schule immer im akuten Einzelfall.

 

Was bedeutet das konkret? 

Ich betone gerne, dass man sich als Stipendiatin oder Stipendiat bitte keinen zusätzlichen Druck machen möge. Wir sehen diese Jugendlichen als ebenbürtige Schülerinnen und Schüler der Salemer Schulgemeinschaft, ohne zusätzliche Verpflichtungen per se. Natürlich hoffen wir, dass das Engagement, das für die Vergabe des Stipendiums ausschlaggebend war, und ebenso die guten Noten aufrechterhalten werden. Wann immer Salem etwas Besonderes feiert oder veranstaltet, wie zum Beispiel den Tag der offenen Tür oder Empfänge für Eltern oder bedeutende Gäste, zählen wir auf die Mithilfe unserer Schülerschaft und natürlich unserer Stipendiatinnen und Stipendiaten. Der Beitrag kann sowohl eine Campusführung sein, als auch eine musikalische Performance oder die Mithilfe bei der Eventorganisation. Ich sehe, dass wir unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten gar nicht unbedingt auffordern müssen, sich zu engagieren. Fast alle tun dies von allein, übernehmen Verantwortung auch im Klassenverbund oder in den Wohnbereichen, oder politische Ämter bis hin zum Schulsprecheramt. Und wenn irgendwann in der Zukunft ein ehemaliger Stipendiat fest verankert im Berufsleben steht, es also „zu etwas gebracht hat“, dann freuen wir uns über viele, die etwas an die Schule zurückgeben. Manche spenden und unterstützen damit wieder Stipendiatinnen und Stipendiaten nach ihnen, viele schicken ihre eigenen Kinder oder machen im Rahmen der Karriereberatung Chancen möglich.

Welche formellen/akademischen Voraussetzungen muss ich außerdem erfüllen?

Darin unterscheiden sich Stipendiaten nun nicht von regulären Bewerberinnen und Bewerbern: Wir sind ein G8-Gymnasium in Baden-Württemberg. Somit benötige ich eine akademische Befähigung für diesen schulischen Werdegang. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens prüfen wir mit allen Kandidatinnen und Kandidaten individuell, was genau sie in akademischer Hinsicht mitbringen und was wir für einen Einstieg im nächsten Schuljahr gegebenenfalls noch voraussetzen. Wenn es sich anbietet, führen wir zu diesem Zweck Einstufungstests in verschiedenen Fächern durch.

 

Ist die Bewerbung für ein Stipendium kompliziert? Was will die Schule alles wissen? Wie geht sie mit sensiblen Daten um?

Eine Stipendienbewerbung ist nicht wesentlich komplizierter als eine reguläre Bewerbung auf einen Internatsplatz in Salem. Ein zusätzliches Deckblatt bittet um Angabe der Höhe des Teilstipendiums, das beantragt wird. Dazu sollten die elterlichen Einkommenssteuerbescheide der vergangenen beiden Jahre beigefügt werden. Außerdem erwarten wir ein Motivationsschreiben der Bewerberin oder des Bewerbers, in dem die Gründe für den Wunsch, Salem zu besuchen, dargelegt werden.

Sensible Daten, wie z. B. die Einkommenssteuerbescheide, verlassen die Aufnahme bzw. die Geschäftsführung der Schule Schloss Salem nicht und werden nach Ende des Prozesses vernichtet. Stipendiatinnen und Stipendiaten sind als solche innerhalb der Schulgemeinschaft bekannt, wobei die Höhe der jeweiligen Stipendien nicht kommuniziert werden.

Die Bewerbung auf ein Stipendium ist in Salem das ganze Jahr über möglich. Natürlich hat eine frühere Bewerbung tendenziell mehr Chancen als eine späte im laufenden Schuljahr. Wir füllen die vorhandenen Kapazitäten sukzessive auf, und irgendwann sind die Betten und Unterrichtsplätze für das kommende Jahr einfach vergeben, mit oder ohne Stipendium, da können wir ganz generell niemanden mehr aufnehmen. Ich kann nur jeden jungen Menschen dazu einladen, es zu versuchen.

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