20.05.2020
Der Salemer Alltag vor 100 Jahren
Ein Blick zurück: Das Kurt-Hahn-Archiv gibt Aufschluss über Leben und Lernen in der Schule Schloss Salem kurz nach der Schulgründung im April 1920.

Eine Woche nach der feierlichen Eröffnung im historischen Bibliothekssaal von Kloster und Schloss Salem am 14. April 1920 begann der Unterricht an der Schule Schloss Salem. Die ersten 28 Schülerinnen und Schüler starteten am 21. April 1920. Nur acht Schülerinnen und Schüler wohnten anfangs im Schloss, denn die Schule war auch als höhere Tagesschule für die Kinder der umliegenden Dörfer konzipiert. Salem unterschied sich durch den reformpädagogischen Ansatz erfrischend von zeitgenössischen Bildungsanstalten - und dies nicht nur durch die Koedukation, also die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen. Bloßes „Pauken“ war nicht das Ziel der Schulgründer Max von Baden und Kurt Hahn. Neben der intellektuellen Ausbildung sollten weder die Pflege individueller Interessen noch der Einsatz für die Gemeinschaft zurückstehen. In Salem gab es früh Formen der Schülerselbstverwaltung wie die Helfer oder die Farbentragenden, die über die Einführung von Regeln berieten. Solche Möglichkeiten der Mitbestimmung machten die Schule zu einem „Schulstaat“, in dem Schülerinnen und Schüler ihrer Entwicklung entsprechend Verantwortung übernehmen konnten.

Politische Bildung und Landarbeit

Bei den Schülerinnen und Schülern kam dieser pädagogische Ansatz gut an: Mit Begeisterung berichtete Wilhelm Jensen, einer der ersten Schüler und Enkel von Schulleiter Karl Reinhardt, in Briefen an seine Eltern etwa vom Chemieunterricht, bei dem die Lernenden selbst Versuche durchführten, oder von Kurt Hahns Bürgerkunde-Unterricht: „Wir können uns dadurch politisch ausbilden“. Neben Theaterproben und Musikaufführungen, Ausflügen und Sport wurden alle Schülerinnen und Schüler zur Landarbeit herangezogen. Sie halfen bei der Ernte, die nicht zuletzt der Lebensmittelversorgung der Schule diente. Das Konzept zielte auf eine ganzheitliche Erziehung von Kopf, Herz und Hand.

Brigitte Mohn, Kurt-Hahn-Archiv

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