23.12.2021
Ben regt zum Nachdenken und Handeln an
von Ben Jagaisa, 10D4
Ben Jagasia will mit politischen Reden in der Schulversammlung aufrütteln und aufklären. Am 26. November 2021 sprach er über Kinderrechte.

Liebe Salemer,

erst kürzlich habe ich einen Penny-Werbeclip gesehen, der mich emotional sehr berührt hat. Ein Junge fragt seine Mutter, was sie sich zu Weihnachten wünscht. Und die Mutter antwortet darauf: „Dass du nicht immer zu Hause rumhängen musst, ich wünsche dir deine Jugend zurück.“ Dieser einfache, und doch auch ein bisschen merkwürdige kitschige Satz bringt auf den Punkt, was so viele Eltern und Kinder während der Pandemie gefühlt haben. Eine verpasste Kindheit, so wird genannt, was all die Lockdowns, Schulschließungen, Ausgangsbeschränkungen bei den Kindern und Jugendlichen bewirkt haben.

Wir Salemer-Schüler:innen müssen uns immer wieder bewusst machen, wie glücklich wir sein können, dass wir hier im Internat von unseren Freunden umgeben sind – und unser Leben, so gut es eben geht, leben können, fernab von der schrecklichen Realität der Intensivstationen, fernab der öffentlichen Schulen, von denen einige sogar schon wieder geschlossen haben.

Ich stelle mir heute die Frage, wie es sein kann, dass wieder als Konsequenz der hohen Inzidenzzahlen Schulschließungen im Gespräch sind, obwohl man genau weiß, dass die psychologischen und akademischen Folgen für Kinder und Jugendliche irreparabel sind. Wo finden hier die universellen Kinderrechte der UN-Beachtung, die für Kinder auf der ganzen Welt gelten?

Hier in Deutschland gab es die Debatte, ob unsere Rechte im Grundgesetz festgeschrieben werden sollen. Für mich ist völlig unverständlich, wieso dies noch nicht getan worden ist. Denn Kinder und Jugendliche sind Teil der Gesellschaft. Wir sind mit unseren Ideen, Träumen und Visionen die Zukunft. Wir Kinder und Jugendliche sind nicht einfach nur kleine Erwachsene, sondern wir haben ganz spezifische Verletzlichkeiten, die in der Politik auch deutlicher wahrgenommen werden sollten. Zu denen zählt zum Beispiel, dass wir ein Recht auf Bildung, Spiel und Freizeit haben. Wenn man Kinderrechte im Grundgesetz festschreiben würde, dann würde man die Regierung in die Pflicht nehmen, dass sie unsere Rechte mehr achtet, gerade in Pandemiezeiten.

Ich möchte den Blick aber nicht zu sehr nur auf Deutschland verengen, denn eigentlich sollten die UN-Kinderrechte für alle Kinder weltweit gelten. Wenn man sich mal überlegt, wie viele Kinder global schon seit zwei Jahren wegen der Pandemie keinen Zugang zu Bildung haben, da wirkt es schon fast ironisch, dass ich mich über „das verpasste Leben“ der Kinder in Deutschland beschwere.

Oder was ist zum Beispiel mit Kindern auf der Flucht? Was ist mit ihren Rechten? Wenn wir uns die überfüllten Flüchtlingscamps in Griechenland anschauen, die gibt es ja trotz Corona immer noch! Das Interesse der medialen Berichterstattung lenkt sich jetzt mehr auf Flüchtlinge, die über Belarus durch Polen versuchen, die EU zu erreichen, Golo hat dies letzte Woche angesprochen.

Viele Kinder leben in Flüchtlingslagern und haben weder Zugang zu Bildung noch zu medizinischer Versorgung. Und das sind beides universelle Kinderrechte. Dort haben die Kinder wenig Perspektive und sie sind gefangen, ohne die Chance, Neues zu entdecken und sich weiterzuentwickeln. Wie können sich in einer solchen Umgebung Freude, Glück, Neugier und Sehnsucht etablieren, alles wichtige Attribute in der Entwicklung eines Kindes?

Kinderrechte nehmen in unserer Zeit eine wichtige Rolle ein - wegen der globalen Fluchtbewegungen und wegen der Corona-Pandemie. Ob in Deutschland, in einem Flüchtlingscamp, an der belarussischen-polnischen Grenze oder weltweit: Kinder sind eigenständige Person und verdienen den besonderen Schutz unserer Menschengemeinschaft

Gerade Corona hat uns gezeigt, dass ein Land nur so stark ist wie sein schwächstes und schutzbedürftigstes Mitglied. Chancengleichheit und aktive Beteiligung von Kindern an wichtigen Entscheidungen, die sie betreffen, sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Dass die Kinderrechte es nicht ins Grundgesetz geschafft haben, ist eine sehr große Enttäuschung. Dass die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz daran gescheitert ist, dass die Politiker sich nicht über eine passende Formulierung einigen konnte, ist demütigend und zeigt eine falsche Priorisierung in der Politik.

Was können wir, jeder von uns tun?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zu helfen. Die Kinderrechtsorganisation „Save the Children“ hilft seit Beginn des Syrien-Konflikts vor mehr als 10 Jahren in der Region. Kinderschutz und Bildung stehen im Vordergrund, aber die NGO unterstützt Familien unter anderem auch mit Bargeld. Weitere Schwerpunkte sind die Hygiene-Aufklärung, Gesundheitsversorgung und die Beschaffung von Material für die Unterkünfte.

Ein Projekt von “Save the Children“ ist zum Beispiel die seit 8 Jahren laufende Aktion: der Schal des Lebens. Man kann den Schal des Lebens stricken oder bestellen. Man tut etwas Gutes, indem ein Teil des Geldes in die Bildung von Kindern in Syrien fließt und hat gleichzeitig einen schönen Schal, den man an Weihnachten verschenken kann. Viele Prominente wie Caren Mioska, Constantin Schreiber, Margarethe Verstager, Anke Engelke nehmen an der Aktion teil. Sie gehen mit gutem Beispiel voran.

Gemeinsam können wir Türen öffnen und Hoffnung schenken. Es gibt viele Aktionen zur Hilfe. Gerade jetzt zu Weihnachten, dem Fest der Barmherzigkeit, sollten wir über unseren Horizont hinausdenken, unsere Komfortzone verlassen, um den Kindern dieser Welt zu helfen.

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